Till Velten, Projekt realisiert Hardau
Plakat-Projekt #4: Till Velten
September und Oktober 2005
Die Realität als Modellfall
In
der Plakatarbeit in der Hardau hat Till Velten Interviews mit dem
Künstler Carl Bucher, dem Wirt Hanspeter Huber und der Lehrerin Marion
Droste geführt. Jedes Gespräch setzt er in einem Plakat um und spannt
so ein Netz sozialer Bezüge in die Vergangenheit, die Gegenwart und die
Zukunft der Hochhaussiedlung. Wer die Interviews liest, erfährt von
sehr persönlichen und im Viertel oft nicht sichtbaren Problemen und
Ereignissen. Wer würde denken, dass der Künstler Carl Bucher seine
Skulpturen als kritische Reaktion auf den erlebten Glamour in der Stadt
Las Vegas erstellte? Oder dass der Wirt des Quartiertreffs der
ehemalige Besitzer des noblen Restaurants «Latin» in Wiedikon ist? Wer
erwartet, dass die Elternabende im Hardau-Primarschulhaus mit
Dolmetschern veranstaltet werden oder dass die Lehrerin aktiv für
bessere Filter gegen den Gestank des Schlachthofs kämpfte? Till Velten
schafft es, die «strenge Struktur und Ordnung», wie er es nennt,
zumindest für einen Moment aufzubrechen und mit persönlichen
Erfahrungen zu füllen. Der Ort wird durch die erzählten
Aneignungsweisen der Grossüberbauung lebendiger, bunter – anders.
Bei
Till Velten wird in besonderer Weise klar, dass die Plakate direkt auf
ihre Umgebung Bezug nehmen, was auch die Reaktionen zeigen.
Verschiedene Leute wünschen sich Ausdrucke der Interviews, um sie in
Ruhe lesen zu können. Wenn ein Plakat beschädigt wurde, dann die
Abbildungen der im Viertel bekannten Menschen – die Interviews blieben
bis jetzt ohne Schaden.
Der Künstler Till Velten, geboren
1961, lebt und arbeitet in Weil am Rhein bei Basel. In den letzten
Jahren hat er eine eigenwillige, künstlerische Arbeitspraxis
entwickelt, in deren Zentrum Interviews und Gespräche mit Menschen aus
unterschiedlichsten Lebenswelten stehen. An der «Art Unlimited» der
Messe Art Basel zeigte er mit seiner Arbeit «Der Polygraph/HACH 1» eine
raumgreifende Audio- und Video-Installation, die besonders in der
hektischen Umgebung unprätentiös und einzigartig wirkte. Mit der
Installation, die auch dokumentiert in Buchform erschien, erfindet
Velten in Interviews gleichsam die süddeutsche Ortschaft Hach neu: Über
die detaillierte Erläuterungen über Arbeit und Freizeitbeschäftigungen
der Gesprächspartner entwickelt der Künstler ein System, das die
Ortschaft Hach zum märchenhaften Modellfall verklärt.
PublikumsplakatEin
Exzerpt→
der künstlerischen Idee wird zusätzlich auf einem Plakat in Weltformat
gedruckt und steht den HardauerInnen gratis, externen BesucherInnen für
Fr. 10.-- zur Verfügung. Zu beziehen:
Zentrum Hardau,
Bullingerstrasse 63, 8004 Zürich. Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch
und Freitag 15-17 Uhr, Donnerstag 15-19 Uhr.
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