Welche Faktoren sind in der Stadt Zürich besonders bedeutsam? Bevor
Künstlerinnen und Künstler zur Ausarbeitung von künstlerischen
Projekten in Zürich eingeladen wurden, hat das Forschungsprojekt "Kunst
Öffentlichkeit Zürich" diese Frage zu beantworten gesucht. Die Faktoren
bilden für Kunstwerke im öffentlichen Raum einen wichtigen Bezugsrahmen. zurück→
Es gibt Faktoren, die in einer Stadt, einem Stadtkreis oder einem
Quartier deswegen herausragen, weil sie eine ausserordentliche
Ausstrahlung entfalten oder weil sie besonders problematisch
erscheinen. Es kann sich dabei um wirtschaftliche, gesellschaftliche,
kulturelle oder etwa historische Faktoren handeln. In der Stadt Zürich
bildeten in den 80er Jahren zum Beispiel die Drogenproblematik, in der
zweiten Hälfte der 90er Jahre die Debatte um die nachrichtenlosen
Vermögen solche Faktoren. In den 90er Jahren, um ein weiteres Beispiel
zu nennen, etablierte sich die Kunstszene als einen kulturell,
gesellschaftlich sowie wirtschaftlich bedeutenden Faktor Zürichs.
Andere Faktoren sind von geringerer Bedeutung, doch es mag Bestrebungen
geben, sie langfristig zu optimieren: so etwa soziokulturelle Maßnahmen
zur Vorbeugung gesellschaftlicher Konflikte und die Stärkung von Kultur
als Standortfaktor, wie es von anderen Metropolen bekannt ist, oder die
differenzierte Pflege kontroverser öffentlicher Diskurse.
Für Kunstprojekte in den öffentlichen Sphären sind derartige, objektiv
vorhandene oder als Wille sich manifestierende, geplante Faktoren von
entscheidender Bedeutung. Damit verbindet sich aber nicht der Anspruch,
dass ein Kunstwerk oder ein Projekt sie explizit zu thematisieren habe.
Es heißt auch nicht, dass die relevanten Faktoren zugleich auch die
Bereiche bilden, in welchen die künstlerischen Interventionen
stattfinden sollen. Von der Kunst her gedacht, sind nicht alle Faktoren
im selben Masse als Interventionsfelder interessant. Dennoch aber sind
sie als Hintergrundphänomen in einem Projekt mit Gewinn zu reflektieren.
Worin sich das Projekt "Kunst Öffentlichkeit Zürich"
als Forschungsprojekt
von andern Kunstprojekten im öffentlichen Raum grundlegend
unterscheidet, ist der Umstand, dass in einem der ersten Schritte die
Frage gestellt wurde, was denn die relevanten Faktoren für öffentliche
Kunst in Zürich bilden kann. Das Forschungsprojekt setzt keine Faktoren
als bereits gegeben voraus. Auch der gebaute öffentliche Stadtraum (der
Ort) ist nicht, wie zumeist üblich, die selbstverständliche
Bezugsgrösse. Eine relativ aufwendige Kontextarbeit diente dem
Projektteam dazu, diejenigen Faktoren zu bestimmen, die in Zürich für
künstlerische Interventionen bedeutsam sein können. Damit zieht das
Projekt Grundlagen in die Forschung mit ein, die in der heutigen
künstlerischen und kuratorischen Praxis öffentlicher Kunst ein kaum
wahrgenommenes, daher unbestimmtes und verborgenes Hintergrundphänomen
bilden. Soll die "Kunst des Öffentlichen" als Standortfaktor die
internationale Attraktivität der Stadt steigern? Soll sie nicht eher
kulturelle und politische Diskurse in der Stadt anregen? Soll sie
helfen, gebeutelte Stadtteile kulturell aufzuwerten oder in neuen
Stadtteilen eine Identität zu stiften?
Bei den Recherchen in der Hardau haben sich Faktoren als wichtig herausgestellt, die sich allgemein den Begriffen
"Sozialer Raum" und
"Stadtraum / Architektur"
zuordnen lassen. Für die Stadt Zürich als Ganze erscheinen folgende
Faktoren bedeutend und als Bezugsrahmen für künstlerische Projekte
sinnvoll: 1.
"Global City" und ihre Schnittstelle zwischen Wirtschaft und sozialem Raum; 2.
die grossräumliche Verknüpfung des sozialen Raums (Globalisierung, Nord-Süd-Gefälle etc.) an der Schnittstelle zu Migration; 3.
Medien und Öffentlichkeit im Zusammenhang mit Eventkultur und öffentlichen Anlässen; 4.
Politik und direkte Demokratie im Zusammenhang mit städtebaulichen Entwicklungsgebieten und 5. die
"Zürcher Mentalität"
(Arbeit, Religion) im Zusammenhang mit öffentlichen Räumen und Medien.
Das Team des Forschungsprojekts hat in der Folge international
Künstler/innen ermittelt, die in diesen Gebieten bereits spannend und
auf hohem Niveau gearbeitet haben oder welche über entsprechende
Kompetenzen verfügen.
Christph Schenker
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